Gutshaus Ludorf Geschichte Mueritz Nationalpark Titel

Die Geschichte des Müritz Nationalparks

Das Gebiet des heutigen Müritz Nationalparks mit seinen weiten Wäldern, vielen Seen und Mooren zählt zu den am dünnsten besiedelten Gegenden Europas und weist eine abwechslungsreiche Nutzungsgeschichte auf. In dem nun folgenden historischen Abriss finden Sie zu jedem Kapitel einen Ausflugtipp.

12.000 v. Chr.: Entstehungsgeschichte

Nationalparks sind meist in Gegenden entstanden, wo der Mensch an die Grenzen der Nutzbarkeit stieß und daher auf traditionelle Nutzungen großer Flächen verzichtete. Auch östlich der Müritz stieß der Mensch an natürliche Grenzen, nämlich die extrem geringe Nutzbarkeit der sandigen Böden. Diese Böden sind in der letzten Eiszeit entstanden, die vor etwa 12.000 Jahren durch die jetzige Warmzeit abgelöst wurde. Mit dem allmählichen Abtauen der Eismassen nahmen Schmelzwasserströme immer mehr zu und spülten massenhaft Kiese und Sande in die Region des heutigen Nationalparks.

Eiszeitroute Mecklenburgische Seenplatte

Die Eiszeitroute Mecklenburgische Seenplatte bietet auf einer Gesamtstrecke von 666 km ein einzigartiges Naturerlebnis und eine Reise in die Vergangenheit weit vor unserer Zeit – die Eiszeit. Informative Schautafeln, Museen und Lehrpfade entlang der Route helfen die Entwicklung der Eiszeitlandschaft zu verstehen.

7. – 12. Jh.: Slawische Ortsgründungen

Viele Orte, die bis heute bestehen und als sogenannte Nationalpark-Dörfer dessen Eingangstore bilden, sind slawische Gründungen. Die typischen Ortsnamen mit den Endungen, -ow, -in, oder -itz haben sich bis heute erhalten, z.B. Müritz bedeutet „Kleines Meer“, Federow ist das „Frohndorf“, Boek der „Buchenort“. Die Slawen kamen im 7. Jahrhundert im Zuge der Völkerwanderung in die menschenleere, von Urwäldern bedeckte Gegend rund um die Müritz. Sie bildeten Stämme, betrieben Ackerbau und ließen ihr Vieh in den Wäldern weiden. An gut zu verteidigenden Plätzen in dem Seen- und mooreichen Gebiet legten sie ihre Siedlungen an.

Ausflugtipp

Das Slawendorf Neustrelitz

Am Rande der Stadt und direkt am Zierker See gelegen ist das Slawendorf Neustrelitz. Auf dem Gelände befinden sich zahlreiche Gebäude und Unterstände, die im slawischen Baustil errichtet sind. Um einen Überblick vom Dorf zu bekommen und die schöne Aussicht zu genießen, können Besucher auf den 12 Meter hohen Wachturm steigen.

Öffnungszeiten
Bis 30.09. Mo – Fr 10 – 17 Uhr
Bis 31.10. Mo – Fr 10 – 16 Uhr

12. – 14. Jh.: Deutsche Ostsiedlung

Mit der Zunahme deutscher Einwanderer und der gewaltsamen Christianierung der slawischen Bevölkerung veränderte sich die Landschaft, die bislang von Wald geprägt war. Durch Gründung neuer Siedlungen, Mühlen und Städte im 12. und 13. Jahrhundert nahm die Intensität der Landnutzung sprunghaft zu. Eine drastische Waldvernichtung war die Folge. Die Ackerbürgerstadt Röbel hatte bereits im 13. Jahrhundert nicht mehr genügend Holz zum Bau seiner Neustadt. Erst mit den großen Pestepidemien im 14. Jahrhundert und einer allmählich einsetzenden Erschöpfung der kargen Böden endete der wirtschaftliche Aufschwung.

Ausflugtipp

Boeker Mühle und Bolter Kanal

Bereits 1273 wird eine Mühle in Boek erwähnt, die zu dieser Zeit im Besitz der Johanniter in Mirow war. Boek selber war Hauptsitz der Adelsfamilie von Havelberg. Nach Streitereien um die Mühle entschädigte der Landesherr den von Havelberg mit Geld, das dieser zum Bau eines Kanals in Boek verwenden solle, um Müritzwasser abzulassen.

Heute betreiben die Müritzfischer hier mehrere Schau- und Angelteiche sowie einen Fischimbiss. Öffnungszeiten

17. – 18. Jh.: Blütezeit der Gutswirtschaften

Bis zum 30-jährigen Krieg gab es noch viele selbsttändige Bauern in den Dörfern. Dies änderte sich nach Ende dieses langen und grausamen Krieges deutlich. Viele Bauernstellen, sogar ganze Orte lagen wüst. Die adligen Güter erholten sich nach dem Krieg schneller als die Bauernstellen, und bald kam es zu einer Blütezeit der Gutswirtschaften. Damit wurden nun die Flächen größer und der sandige Boden anfälliger für Wind. Ertrag konnte auch unter größten Anstrengungen immer nur kurzzeitig erreicht werden, und es musste einen ständigen Wechsel zwischen Acker- und Weidenutzung geben. Ab dem 18. Jahrhundert entwickelte sich der Waldbau, der eine Befestigung der lockeren Böden und bessere Einnahmen versprach.

Ausflugtipp

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Gutshaus Boek (Creative Commons Lizenz, Urheber: Niteshift)

Das Gutshaus Boek

Die Gemeinde Rechlin, wozu auch der Ortsteil Boek gehört, entschloss sich zwar bereits 2013 das Gutshaus zu sanieren, die Fertigstellung ist jedoch nicht vor 2023 zu erwarten. Dann soll das Haus als Welcome Center dienen und im Obergeschoss eine Ausstellung über die Schriftstellerin Gertrud von Le Fort beherbergen.

19. – 20. Jh.: Beginn der geregelten Forstwirtschaft

Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts war die Ackerwirtschaft auf so extrem unrentablen Böden, wie hier östlich der Müritz, fast vollständig aufgegeben worden und die systematische Aufforstung begann. Auf den völlig degradierten Sandböden eignete sich dafür nur die Kiefer, die auch von Natur aus hier das Pionierwaldstadium bilden würde. Die geregelte Forstwirtschaft mit Kahlschlägen und Wiederaufforstungen war geboren, Kiefernforste entsprachen nach und nach dem normalen Verständnis von Wald.

Ausflugtipp

Wanderung ins Arboretum Erbsland

6 km nordöstlich von Mirow, verborgen im Wald, liegt das Arboretum Erbsland. Im Jahre 1887 veranlasste der Mecklenburg-Strelitzer Oberförster Friedrich Scharenberg die Pflanzung von etwa 7 Hektar mit etwa 40 ausländischen, auch außereuropäischen Baumarten, um deren Eignung für die deutsche Forstwirtschaft zu testen. Das Erbsland gehört damit zu den ältesten forstlichen Versuchsflächen in Deutschland.

Das Arboretum geriet zweimal in Vergessenheit: 1905, nach dem Tode Scharenbergs und 1953, nachdem es während der NS-Zeit in einem Sperrgebiet der Luftwaffe gelegen hatte.

1918 – 1933: Militärische Nutzung

Mit der Suche nach einem abgelegenen, kaum besiedelten Landstrich für ein geheimes Vorhaben der Kriegsindustrie im ersten Weltkrieg begann das 70 Jahre andauernde Kapitel der Militarisierung im heutigen Nationalpark. In der Folgezeit wurden aus den Gütern Lärz, Retzow und deren Nebengütern, darunter Rechlin, mit Hilfe eines Enteignungsgesetztes die dazu nötigen Flächen zusammengekauft. Am 29. August 1918 wurde offiziell die „Flieger-Versuchs- und Lehranstalt am Müritzsee“ in Rechlin durch Großherzog Friedrich Franz von Mecklenburg-Schwerin eingeweiht. Diverse Abteilungen waren zu diesem Zeitpunkt bereits aufgebaut. Rechlin sollte „zum Mittelpunkt des gesamten deutschen Militärflugwesens werden“.

1933 – 1945: Aufrüstung an der Müritz

Als Adolf Hitler im Januar 1933 zum Reichskanzler ernannt wurde, kündigte er den Versailler Vertrag auf, und Rechlin wurde nun zügig als „Erprobungsstelle der Deutschen Luftwaffe“ ausgebaut. Die nun folgende Auffrüstung an der Müritz veränderte das Gesicht einer ganzen Region. Arbeiteten 1931 in Rechlin noch weniger als 100 Personen, so lebten 1931 hier bereits 2.350 zivile und militärische Arbeitskräfte. 1943 waren es fast 4.100 Menschen – Rechlin hatte nun die Größe einer Kleinstadt. Die Lufthansa hatte eine Linienverbindung von Berlin nach Rechlin aufgebaut und steuerte den Ort täglich an.

1937 wurde das gesamte Ostufer der Müritz zum Sperrgebiet erklärt. Das Gelände der Erprobungsstelle umfasste mehr als 15.000 ha, darunter mehrere Bombenabwurfplätze. Für die Erprobung der Abwurfwaffen wurden die Menschen aus den umliegenden Orten zwangsumgesiedelt. Die freigezogene Häuser und sogar Kirchen dienten als Ziele für Abwurfübungen.

Flogen im ersten Weltkrieg noch Doppeldecker in Holzbauweise, so waren die neuesten Flugzeuge 20 Jahre später „Hochleistungsflugzeuge in Ganzmetallbauweise mit Düsenantrieb, Sprechfunkverkehr, Schleudersitzen, Druckkabinen und Bremsfallschirmen…“. Alle namenhaften Flugzeughersteller Deutschlands, wie Junkers, Messerschmidt, Heinkel, Focke-Wulf und Dornier ließen in Rechlin ihre Prototypen testen. Rechlin war nicht nur die größte, sondern auch die wichtigste der zehn deutschen Erprobungsstellen der Luftwaffe. Alles wurde streng geheim gehalten und auch heute ist kaum bekannt, dass sich das „Kommando der Erprobungsstellen der Luftwaffe“ hier befand.

Ausflugtipp

Luftfahrttechnisches Museum Rechlin

Das Museum befindet sich im historischen Gebäudeensemble der Erprobungsstelle der Luftwaffe des III.Reiches. Die Gebäude wurden nach 1945 von sowjetischen Streitkräften genutzt, mit deren Abzug im März 1993 gründete sich der Museumsverein. Dessen Mitglieder bemühen sich seit dem um die museale Darstellung und Aufarbeitung der Geschichte Rechlins Umgebung.

Öffnungszeiten
April-Oktober täglich 10-17 Uhr
Februar-März Mo-Fr 10-16 Uhr

1945 – 1993: Nutzung durch die Sowjetarmee

Nach der Einnahme von Rechlin durch die Rote Armee im Frühjahr 1945 wurde das gesamte Areal geräumt. Wenige Tage später zogen Infanteristen der Roten Armee in die Kasernen der ehemaligen Erprobungsstelle ein. Der Ort Rechlin wird zum militärischen Städtchen erklärt und in einen deutschen und einen sowjetischen Teil getrennt. Die verbliebene arbeitsfähige Bevölkerung musste Aufräum- und Demontagearbeiten leisten. Besonders prekär war für sie die Säuberung von Blindgängern auf dem von Bomben zerstörten Gelände.

Der nahe gelegene Flugplatz Lärz wurde durch die sowjetischen Jagdflieger bereits 1946 wieder in Nutzung genommen und in den 1970er Jahren kontinuierlich erweitert. Der sowjetisch besetzte Teil von Rechlin wurde mit einer Mauer abgeschirmt und entwickelte sich zu einem wachsenden, eignen kleinen Städtchen mit Post, Kindergarten, Krankenhaus, Verkaufsstellen, Offiziersklub und Kino.

Die Umgebung diente den hier stationierten Truppen als Übungsplatz, ganze Dörfer wurden dadurch von der Außenwelt abgeschnitten und waren nur noch erreichbar, wenn nicht geschossen wurde. Für fast 50 Jahre lebten die Menschen in den Dörfern mit Geschossdonner, Angst vor Feuern und den Armeefahrzeugen auf den Straßen. Nach dem Herbst 1989 ging der Übungsbetrieb weiter, denn der Abzug der sowjetischen Armee wurde erst für den August 1993 festgelegt. Die Flächen der Truppenübungsplätze gelten weiterhin als munitionsverseucht und bewalden sich auf natürliche Weise wieder.

Ausflugtipp

Die Rechliner Mauer heute

Die Rechliner Mauer

Seit Anfang der 50er Jahre teilte eine Mauer den Ort Rechlin in den „Russensektor“ und den südlichen deutschen Teil, in dem Infrastruktureinrichtungen nahezu vollkommen fehlten. In Rechlin ist im Bereich der Fritz-Reuter-Straße ein ca. 80 m langes Teilstück der sogenannten „Rechliner Mauer“ im Originalzustand der Nachwelt erhalten. Während die Berliner Mauer im November 1989 fiel, teilte die Rechliner Mauer den Ort noch 3 weitere Jahre bis zum endgültigen Abzug der Truppen im August 1993.

Ab 1701: Der Nationalpark als Jagdgebiet

Mit dem 1701 gegründeten Herzogtum Mecklenburg-Strelitz und der Gründung von Neustrelitz als Residenz- und Regierungssitz wurde der östliche Teil des heutigen Nationalparks (Teilgebiet Serrahn) zum Herzoglichen Jagdgebiet. Dieses wurde im Laufe der Zeit immer weiter vergrößert und zum Wildpark ausgebaut, mit Wildgatter, Jagd- und Forsthäusern sowie eigener Oberförsterei.

Die guten jagdlichen Möglichkeiten dieses Gebiets wurden auch nach dem Ende des Großherzogtums Mecklenburg-Strelitz 1701 – 1918 und dessen Nachfolgers des Freistaats Mecklenburg-Strelitz (1918 – 1933) hoch geschätzt. Reichsmarschall, Reichsforst- und -jägermeister Hermann Göring vergrößerte den Wildpark auf ca. 3.300 ha und machte ihn zum „Jagdrevier 1. Klasse“.

Ausflugtipp

Barocke Stadtgründung Neustrelitz

Die Stadt Neustrelitz mit ihrer europaweit einmaligen Stadtanlage aus der Zeit des ausgehenden Barocks gilt als kultureller Mittelpunkt der Mecklenburgischen Seenplatte. Sie wurde als Residenzstadt der Herzöge von Mecklenburg-Strelitz 1733 gegründet. Ein achtstrahliger Straßenstern schafft interessante Sichtachsen zu den Highlights der Stadt, mit Schlosskirche, Schlossgarten, Theater und Gartentempeln.

Kulturquartier Mecklenburg-Strelitz: Im ehemaligem Kaiserlichem Postamt befindet sich eine Dauerausstellung zur Geschichte des kleinen Großherzogtums. Öffnungszeiten

1926 – 1945: Das Jagdgebiet von Dr. Kurt Herrmann

Dr. Kurt Herrmann kaufte 1926 das Gut Federow sowie später auch umliegende Flächen und Ortsteile. 1929 hatte er zudem noch das kahl geschlagene Waldgut Speck günstig vom finanzschwachen Freistaat Mecklenburg-Schwerin erworben. Durch weitere Zukäufe, teils unter falschen Angaben, teils durch seine guten Beziehungen, vergrößerten sich seine Besitzungen am Ostufer der Müritz auf eine Fläche, die fast das gesamte Teilgebiet Müritz des Nationalparks umfasste (ca. 9.000 ha um 1937).

Auch wenn Dr. Hermann all seine Aktivitäten an der Jagd ausrichtete, deklarierte er sein Jagdgebiet immer wieder als Wild- und Naturschutzgebiet, um zu erreichen, dass es nicht betreten wird. Zwar war mit dem Jagdgesetz von 1934 das Aussetzen fremder Wildarten verboten, es gelang es ihm jedoch unter dem Vorwand einen Naturschutzpark einzurichten, neben Mufflons, Elchen und Wisenten auch Hirschrassen verschiedenster Kontinente und sogar Bisons zu halten.

Alle Versuche mit eingeführten Tieren begleitete Dr. Lutz Heck, Leiter des Zoologischen Gartens Berlin, der bereits seit den 1920er Jahren zum Jagen an die Müritz kam. Auch befreundete Nazigrößen wie Hermann Göhring oder Heinrich Himmler sowie Gauleiter, Generäle und Großindustrielle waren häufige Jagdgäste.

Ausflugtipp

Jagdschloss Speck (Creative Commons Lizenz, Urheber: Wusel007)

Das Specker Jagdschloss

Nach Erwerb Specks 1929 ließ sich Dr. Kurt Hermann hier in zwei Bauphasen einen Jagdsitz errichten. Auf den Grundmauern des alten Herrensitzes entstand das neue Haus. Von dem Vorgängerbau sind nur noch Turmteile verwendet. Heute private Nutzung.

1922 – 1945: Schwieriger Anfang für den Naturschutz

Ein Mann der sich für den Naturschutz im Gebiet des heutigen Nationalparks besonders hervorgetan hatte, war Karl Bartels. Er gründete 1922 die „Vereinigung für Heimatschutz und Tierschutz Waren“, die sich für die Errichtung eines Schutzgebietes für Raubvögel und rastende Zugvögel am Ostufer der Müritz einsetzte. Trotz Fürsprecher in der Stadt Waren war dieses Vorhaben gescheitert, da Dr. Hermann, Eigentümer der Güter Federow und Speck, seine jagdlichen Interessen in diesem Gebiet durchzusetzen wusste.

Schließlich gelang es dank des unermüdlichen Engagement Bartels 1931 die Ausweisung eines 280 ha großen „Naturschutzgebiet Müritzhof“ zu erwirken. Als 1936/37 dann 19 Schutgebiete Deutschlands in das Reichsnaturschutzbuch aufgenommen werden sollten, war trotz des hohen Bekanntheitsgrad Müritzhofs eine Eintragung durch Dr. Hermann vereitelt worden. Dieser nutzte seine Beziehungen und erreichte ein Eingreifen von Hermann Göring als Reichsforstmeister zu seinen Gunsten.

Ausflugtipp

Landschaftspflegehof Müritzhof

Inmitten des Müritz-Nationalparks gelegen, ist der Müritzhof nicht mit dem PKW sondern nur zu Fuß oder mit dem Rad zu erreichen. Der mehr als hundert Jahre alte Bauernhof ist somit das perfekte Ausflugsziel. In der Hofschenke gibt es typisch mecklenburgische Speisen, zum Teil aus eigener Produktion.

Öffnungszeiten
Bis 13.09. täglich 10.30-17.30 Uhr
Bis 31.10. täglich 10.30-16.00 Uhr

1945 – 1989: Staatsjagd in der DDR

In der DDR-Zeit wurde ein neues Jagdrecht eingeführt, dass die Entkoppelung des Jagdausübungsrechtes vom Eigentum an Grund und Boden vorsah. Das Wild war jetzt Volkseigentum, also Eigentum der Partei. Das neu geschaffene Naturschutzgebiet „Ostufer der Müritz“ wurde als staatliches Wildforschungsgebiet erneut zum Sonderjagdgebiet. Neben der Forschungstätigkeit an jagdbaren Tierarten, spielten der Erwerb von Trophäen und besondere Jagderlebnisse für herausgehobene Persönlichkeiten eine zunehmende Rolle.

Ab den 70er Jahren wurde ein Großteil der Fläche für die Bevölkerung abgeriegelt und als personengebundenes Jagdgebiet für Willi Stoph (Ministerpräsident der DDR) ausgebaut. Das komplette Staatsjagdgebiet umfasste jetzt eine Fläche von 20.278 ha und diente vor allem der Trophäenjagd für Willi Stoph und seine hohen Gäste, darunter Parteifunktionäre, Professoren und Staatsgäste. Überhöhte Wildbestände und die dadurch verursachten Waldschäden waren die Folge.

Auch im Naturschutzgebiet Serrahn, das 1952 gegründet und ebenfalls als Wildforschungsgebiet betrieben wurde, lockten bald „Goldmedaillentrophäen“ zur Staatsjagd an.

Ausflugtipp

Blick nach Osten vom Käflingsbergturm

Der Käflingsbergturm

Von der Aussichtsplattform hat man einen hervorragenden Ausblick auf die ausgedehnten Waldgebiete des Müritz-Nationalparks, verschiedene Seen und das Havelquellgebiet. Bei klarem Wetter kann man bis zu den Städten Waren (Müritz), Röbel, Neustrelitz und manchmal sogar Neubrandenburg sehen. Der Turm ist von Mai bis Oktober zugänglich und von Speck aus am besten zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu erreichen. Am Käflingsberg befindet sich zudem eine Haltestelle der Müritz-Buslinie.

1945 – 1989: Naturschutz in der DDR

Die Idee von Karl Bartels, das Naturschutzgebiet Müritzhof zu erweitern, rückte nach dem Krieg wieder in greifbare Nähe. Seinen Anträgen zur Gründung des Naturschutzgebiets am Ostufer der Müritz wurde 1949 vom Rat des Kreises Waren stattgegeben. 1954 wurde von der Volkskammer der DDR ein neues Naturschutzgesetz verabschiedet, das Naturschutz zum gesellschaftlichen Auftrag machen sollte.

Mit 4.832 ha war das Naturschutzgebiet „Ostufer der Müritz“ das größte Naturschutzgebiet der erst jungen DDR. In Wirklichkeit aber spielte der Naturschutz keine große Rolle. Die Flächen des Naturschutsgebiets wurden einem etwa 20.000 ha großen Wildforschungsgebiet untergeordnet, das ab 1970 als Staatsjagdgebiet genutzt wurde. Der Neubau eines komfortablen Jagdsitzes samt Schwimmhalle, Garagenkomplex und Wohneinheiten für die Wachmannschaften der Staatssicherheit stellte bereits erhebliche Eingriffe in das Naturschutzgebiet dar. Diese wurden jedoch noch verschärft durch die Entwässerung der Moore für Ackerflächen, das Anlegen einer Wasserverbindung zur Müritz sowie den Bau eines Hubschrauberlandeplatzes. Naturschutzbeauftragten und Vertretern der Kreisnaturschutzverwaltung wurde der Zutritt verboten, lediglich die ca. 300 ha Vorland zum Müritzhof durften noch betreten werden.

Eine sehr ähnliche Entwicklung zeigte sich im Teilgebiet Serrahn, das ebenfalls zum Wildforschungsgebiet erklärt und damit dem Naturschutz entzogen wurde.

Ausflugtipp

Wanderung nach Serrahn

Von Zinow führt ein Wald-Erlebnis-Pfad nach Serrahn, vorbei an einer ehemaligen slawischen Siedlung und einem Beobachtungsstand am Großen Serrahnsee. In Serrahn, einem kleinen, tief im Wald gelegenen Ort, kann die Ausstellung zum UNESCO-Weltnaturerbe „Buchenurwälder der Karpaten und Alte Buchenwälder Deutschlands“ und ein kleines Café besucht werden.

UNESCO-Weltnaturerbe:
Die Buchenwälder um Serrahn sind 2011 in die Weltnaturerbe-Liste der UNESCO aufgenommen worden.

1989 – 1990: Wende macht Nationalpark möglich

Mit der politischen Wende im Herbst 1989 forderten Bürgerrechtler des Neuen Forums die Abschaffung der Staatsjagdgebiete im Kreis Waren und die Gründung eines Nationalparks an der Müritz. Als Willi Stoph seinen Jagdsitz räumen ließ, veranstalte die Bewegung einen Marsch mit mehr als 200 Teilnehmern in das gesperrte Gebiet. Wenig später wurde die Auflösung aller Staats- und Sonderjagdgebiete in der DDR bekannt gegeben.

Es gründete sich eine Bürgerinitiative Müritz-Nationalpark die mit Hilfe des Neuen Forums und dem Müritz-Museum den Aufbau des Müritz-Nationalparks vorbereitete. An Stelle der Bürgerinitiative gründete sich schließlich im April 1990 der Förderverein Müritz-Nationalpark e.V. Unter dessen Dach sammelten sich alle Mitstreiter für einen Müritz Nationalpark. Mit der beschleunigten Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten erhöhte sich der Druck auf eine schnelle Realisierung des Nationalparkprogramms. In letzter Minute vor der Antragstellung ist auch noch das Gebiet um Serrahn in die Nationalparkentstehung einbezogen worden. Damit konnte eine wesentlicher Teil des Naturerbes der neuen Bundesländer in die Deutsche Einheit eingebracht werden.

Ausflugtipp

Das Müritzeum

Im Jahr 1866 gründete Hermann von Maltzan das von MALTZANEUM, damit entstand das erste öffentliche naturkundliche Museum im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin. 1957 wurde es mit dem Heimatmuseum unter dem Namen Müritz-Museum vereint. 2005 begann mit der Umgestaltung des historischen Museumsgebäudes zum Haus der Sammlungen und dem Bau eines zweiten großen Ausstellungsgebäudes, das Projekt MÜRITZEUM.

Öffnungszeiten
April-Oktober täglich 10-19 Uhr
November-März täglich 10-18 Uhr

1991 – 2000: Die ersten Jahre

Kaum eine Region war in seiner jüngeren Geschichte so stark um ihre Lebensqualität betrogen worden. Angefangen hatte es mit der Erprobungsstelle in Rechlin und aufgehört mit dem Staatsjagdgebiet von Willi Stoph. Im kleinen Serrahner Gebiet hatte die Abriegelung von der Bevölkerung bereits früher mit dem Jagdgebiet des Großherzogs begonnen. Wird man sich dieser Zeitläufe bewusst, kommt man zu dem Ergebnis, dass die hier lebenden Menschen seit ihrer Erinnerung kein normales Leben führen konnten. Was sollte nun ein Nationalpark für die Menschen bringen?

Die ersten Schritte waren mit viel Arbeit verbunden. Zahlreiche Altlasten und störende Eingriffe in die Natur mussten rückgängig gemacht werden. Bereits 1990 wurde mit ersten Renaturierungsmaßnahmen an Mooren und Seen begonnen. Die Nationalparkverwaltung unter der Leitung von Jörn Mothes zog 1991 mit der Gründung des Nationalparkamtes in das Specker Schloss, 1993 übernahm Ulrich Meißner die Leitung des Nationalparks. Ein entscheidenden Schritt war 1996 die Zusammenlegung der Forst- und Nationalparkverwaltung zum Nationalparkamt Müritz mit Sitz in Neustrelitz. Seit 2000 ist der Hauptsitz der Nationaparkverwaltung das Schloss Hohenzieritz bei Neustrelitz.

Ausflugtipp

Schloss Hohenzieritz (Creative Commons Lizenz, Urheber: Frank Liebig)

Schloss Hohenzieritz

Der Sommersitz der Großherzöge zu Mecklenburg-Strelitz erlangte große Bekanntheit als Sterbeort der legendären Königin Luise von Preußen, die hier ihren Vater besuchte. Eine Gedenkstätte im Schloss informiert heute über Königin Luise. Hinter dem Schloss erstreckt sich ein alter Landschaftsgarten.

Literaturempfehlung

Wer mehr erfahren möchten über die sehr wechselvolle Geschichte des Müritz Nationalparks und seine Umgebung, dem sei das Buch Geschichte der Müritz-Nationalparkregion von Gerhild Meßner empfohlen. Bei der Entstehung dieses Artikels diente mir das Buch als Vorlage und viele Kapitel wurden hier nur angeschnitten. Höchst spannend beschreibt Meßner die verschiedenen Episoden der Nutzung des heutigen Nationalparks mit sehr umfassenden Zitate, Berichten und Augenzeugenberichten.

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